Gedichte einer Mongolin

Bescheiden wäre das erste Wort, das mir einfällt, wenn ich sie beschreiben wollte. Sie hätte jeden Grund, alles andere als bescheiden zu sein, denn jedes Buch von ihr wird zum Bestseller. Ohne jegliche Werbung, ohne dazugehöriges Marketing und PR. Sie besitzt keinen Hauch von Komplexen, ist unprätentiös und trotzdem oder gerade deswegen sehr beliebt und wird nur angehimmelt. Anfragen für Buchtreffen und Interviews sagt sie höflich ab. Sie schreibt still und lässt ihre Werke sprechen. Leser verdursten nach ihrem nächsten Werk. Allein ihr und  ihrem Mann, der ebenfalls Schriftsteller ist, gehört eine ganze Sonderabteilung in jeder Buchhandlung mit nur ihren Werken. Die wievielte Ausgabe es auch sein mag, das Buch zählt immer zu den Bestsellern.

Zugegeben, ich hatte alle ihre Werke außer die Gedichte gelesen.  Denn ich wusste bis zu diesem Tag nicht, dass ich auf Poesie stehe. Zu Kitschig oder melodramatisch waren mir früher die meisten Zeilen. Heine und Ringelnatz ausgenommen. Mongolische Gedichte las ich als Pflichtlektüre nur in der Schule.

Seit sie die Redakteurin meines ersten Buches „Ein Neugieriges Herz“ wurde, in dem ich 16 Reise-, Kunst- und Modeberichte zusammen gestellt habe, sie mir wertvolle Ratschläge gab und ich durch ihre Korrektur  viel gelernt habe, beschäftigte ich mich mit ihren Poesiebüchern. 

Ich verliebte mich so in ihren Gedichte, dass ich den Drang hatte sie mit meinem Mann zu teilen. Als ich die ersten Zeilen Stück für Stück übersetzt habe, merkte ich, dass es viel Spaß macht. Und so entstand die Idee zum Geburtstag meiner Schwiegermama eine Auswahl davon mit passenden Bildern als Karte zu gestalten.

Auf meine Frage hin, ob ich ihre Erlaubnis hätte ihre Gedichte zu übersetzen (eigentlich zu wagen) und auf meinem Blog zu veröffentlichen, erwiderte sie: Nur zu!

Denn durch übersetzen versteht man das Geschriebene nochmal gründlicher. Man nimmt es viel näher wahr als bloßes Lesen. Außerdem wäre es eine gute Übung für mich, nicht einzurosten, da ich als Mama eines kleinen Söhnleins leider nicht so oft an meinen Schreibtisch kann, wie ich es gewohnt bin.  

Passend zu den Gedichten wählte ich die wunderschönen Aquarellbilder von Künstler Jürn Ehlers, meinem Schwiegerpapa. Über diesen Künstler könnte ich viel schreiben.  Vielleicht demnächst ein Blogeintrag für meine Kunstkategorie.

Sie heißt übrigens Ulziitugs. Ihr Name bedeutet: Wohl und Vollkommen. Ihre Gedichte sind vollkommen. Aber wenn ich ihr das sagen würde, würde sie es ablehnen. Denn sie ist bescheiden. 

Gerade die seltsamen Vögel,

die über die Freiheit nie

Gedanken hegen

erinnern mich an die Freiheit

Эрх чөлөөний тухай

Хэзээ ч бодож үзээгүй

Энэ хачин шувууд л

Эрх чөлөөг сануулна.


Wir zwei

 

Rücken an Rücken

Zwei Lehnstühle

Finger und Hände sind der Zauberstab-

Zwei kleine Dichter!

 

Vor einem ist ein Holztisch

Die Tischleuchte wie ein goldener Tempel

Vor dem anderen ist ein heller Bildschirm

Die Glaswelt wie ein Zukunftstraum

 

Lediglich von Göttern geflüsterte Worte

Legt jeder von ihnen nieder

Im Schatten des Tischtempels

Betet sachte eine Mücke

 

Gebete dieser Ängstlichen

Werden von beiden übersetzt

Klirrend durch den

Kristallleuchter vom Dach

Fliegen melodische

silberne Worte lebendig

Бид хоёр

 

Нуруу нуруугаа нийлүүлсэн

хоёр түшлэгтэй сандал

Хуруу гар нь шидэт дохиур-

хоёр бяцхан шүлэгч!

 

Нэгийх нь өмнө модон ширээ

Ширээний чийдэн алтан сүм шиг

Нөгөөгийх нь өмнө гэрэлт дэлгэц

Шилэн ертөнц ирээдүйн зүүд шиг

 

Шивнэх Бурхадын үгийг л

хэн хэн нь буулгана

Ширээний сүмийн сүүдэрт

бүдэгхэн шумуул залбирна

 

Аймхай түүний мөргөлийг

аль аль нь орчуулна

Адрын болор унжлагыг

жин жин жингэнүүлж

Аялгуут мөнгөн үгс

амь орон нисэлдэнэ

 


Das Echo

 

Zwei Drachen schweben in meinem Zimmer

Der Drachentag ist heute!

 

Ein kleiner Drache schmiegt sich an meine Brust

In der Tiefe dieses Körpers

im warmen Blut gewogen

schlummert ein versteinertes Ei aus der Urzeit

 

Ein Gedicht einzig vom Drachengeist geflüstert!

Einsam bin ich hier, die Meerjungfrau

Das verschwommene Licht der verschwundenen Welt

Dimmt die ganze Nacht in meinem Traum

 

Heute ist der Drachentag!

Den ganzen Tag schuppe ich mich ab

Mit jedem Schmerz wird ein WORT geboren

Das Echo der vergangenen Zeit werde ich!

Цуурай

 

Өрөөнд минь хоёр луу хөвнө

Өнөөдөр луу өдөр!

 

Энгэрт бяцхан луу эвхэрч

Энэ биеийн гүнд,

халуун цусанд бүүвэйлэгдэн

эрт галавын чулуужсан өндөг зүүрмэглэнэ.

 

Луугийн сүнс л шивнэсэн шүлэг!

Лусын охин би энд ганцаардана

Сөнөсөн ертөнцийн бүдэг гэрэл

Шөнөжин миний зүүднээ анивчина

 

Өнөөдөр луу өдөр!

Өдөржин би хайрсаа хуулна

Өвдөлт бүрээс минь ҮГ мэндэлж

Өнгөрсөн галавын цуурай болно, би!


Vor dem Spiegel

 

Ah nein,  das bin ich nicht

Anders wurde ich  wirklich nicht!

 

Das geflügelte Pferd in meinem Traum, immer noch

Die beflügelten Worte von meinem Herzen, dennoch

 

Wie früher im Regen und bei Wind

Weiterhin nach Schönem sehnend

 

So bin ich noch immer das Mädchen, das Kind

Stets rein an Pforte der kommenden Jahre

 

Nichts hat sich an mir geändert, wird sich auch nicht.

 

Das bin ich nicht mein Freund!

Ein von Herbstgöttern unvollständig gekritzeltes, trauriges Portrait 

Толины өмнө

 

Үгүй дээ үгүй, энэ бол би биш

Үнэндээ надаас юу ч өөрчлөгдөөгүй!

 

Өнөө л, зүүдэндээ үздэг далавчит морь

Өнөө л, зүрхнээсээ хэлдэг жигүүрт үгс

 

Салхитайд ч, бороотойд ч, би урьдынхаараа

Сайхан бүхэнд тэмүүлдэг хэвээрээ.

 

Охин хэвээрээ, би хүүхдээрээ

Он жилүүдийн үүдэнд үргэлж ариунаараа.

 

Надаас юу ч өөрчлөгдөөгүй, өөрчлөгдөхгүй.

 

Найз минь энэ бол би биш!

Намрын Бурхадын дутуу таталсан гунигт хөрөг.

 


Nasse Haare von mir tropfen.

Nackt liegend vor Nolde würde ich mich malen lassen.

 

Oder einfach so wie ich bin

Eine Marmorbüste aus Arp’s Händen  werden.

 

Damit eine Frau Ihre Schönheit spürt

Wie es des warmen Regens bedürft!

 

Lob der Männer, Neid der Weiber, Spiegel,

Zeit alles ist erschwindelt!

 

So wie in meinem Wesen,

mit an den Körper geklebter Robe

eine Skulptur namens „Frau“ werden.

Нойтон үснээс минь ус дусална.

Нольдын өмнө нүцгэн хэвтээд зуруулах сан.

 

Аль эсвэл бүр энэ л чигээрээ

Арпын гарын мөртэй гантиг болохсон.

 

Бүсгүй хүн сайхнаа мэдрэхэд

Бүлээн бороо чи хичнээн хэрэгтэй вэ!

 

Эрчүүдийн магтаал, эмсийн жөтөө, толь,

Цаг хугацаа цөм хуурамч!

 

Энэ байгаа төрхөөрөө

Биед наалдсан бошинзтойгоо

"Эмэгтэй хүн" гэдэг баримал болохсон.


Frühlingskerze

 

Durch das weit geöffnete Fenster

Die zarte Brise wird empfangen

Bin stehend oben ohne

Beim scheuen Kerzenschein

Mein Körper wird durchleuchtet

Ich werde ungetrübt

Tinte an der Pinselspitze

Glitzert wie die Tränenauge

 

Die rasche Ankunft

der blauen Kraniche aus Norden

Bei deren Gesängen

wehe ich wie mein Seidentuch

Nun fliege ich in meinem Zimmer

So folgt mir der

farbig leuchtende Körper

der schweigsamen Kerze überall

 

Was für eine reine, sachte,

mystische sanfte Schönheit!

Als Auge welchen Gottes

blinzelst du die ganze Nacht?

Nebulös aber lichterloh

Klar aber verschwommen

HERRIN der Dunkelheit, KERZE,

wessen Geist du bist?

Хаврын лаа

 

Цэлийтэл нээсэн цонхоороо

         урин сэвшээг урьж

Цээж нүцгэн зогсохуй

         лааны ичингүй туяанд

Бие минь нэвт гэрэлтэн

         би тунгалаг болоод

Бийрийн үзүүр дэх бэх,

         нулимст нүд шигээ гялтганав

 

Яаран яаран ирсэн

         умардын хөх тогоруудын

Яруу гэгэлгэн дуунд

         торгон алчуур шигээ намирч

Өрөөн дотуураа нисэхэд минь

        үг дуугүйхэн лааны

Өнгөт гэрлэн бие

         хаа сайгүй дагав

 

Яасан гэнэн, даруу,

         нууцлаг амгалан үзэсгэлэн бэ!

Ямархан Бурханы нүд болж

         шөнөжин чи анивчина вэ?

Бүдэг атлаа тод

         тод атал тогтуун сул

Бүрэнхийн ЭЗЭГТЭЙ ЛАА чи

         хаанахын, хэний сүнс вэ?


Hundert Gedichte schrieb ich mit dem Stift

Hundert weitere werde ich schreiben damit

Dann werde ich ihn verlieren

Das ohne Bedenken.

 

Das zweihunderterste Gedicht

Werde ich mit einem anderen Stift schreiben

Denn von Gestern kann ich Abschied nehmen

Das ohne Zögern.

Энэ үзгээр би зуун шүлэг бичсэн

ахиад зуун шүлэг бичнэ.

Эргэлзэж тээнэгэлзэлгүй дараа нь

гээж орхино.

 

Хоёр зуун нэг дэх шүлгийг

өөр үзгээр бичнэ.

Хоргодох юмгүйгээр би

өчигдрөөсөө хагацаж чадна.


Ich hoffe, es hat Euch gefallen. Ich werde weiter übersetzen und wenn Ihr wollt, könnte ich demnächst den Teil 2 zur Verfügung stellen. Vielen Dank fürs Lesen und bis zum nächsten Mal,

Eure,

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Kommentare: 2
  • #1

    Chimgee (Montag, 16 Oktober 2017 11:50)

    Woow es ist wirklich sehr gut gelungen. Danke dir . ich kann nicht kaum warten , bis deine nächste Übersetzung erscheint :-)

  • #2

    Ulzii (Mittwoch, 30 Januar 2019 17:02)

    Wow. Yamar goy orchuulaa ve! Bas shuleg burt tohirson zurguud, uneheer medremjtei yumaa.